Baufinanzierung mit Riester – Wohnriester
Aus dem letzten und zu Beginn heftig kritisierten Mitglied der Riester-Vorsorgeformen hat sich seit der Modifikation der rechtlichen Grundlagen der Riester-Sparer liebstes Kind entwickelt: Eine Baufinanzierung mit Riester, also Wohnriester. Trotz aller Beliebtheit gilt es, einige Dinge bei einer Baufinanzierung mit Riester zu beachten. Welche das sind, erläutern wir hier.
- Wohnriester verzeichnet prozentual die höchsten Zuwachszahlen bei Riesterverträgen.
- Die staatliche Förderung bietet einen attraktiven Tilgungszuschuss für Baufinanzierungen.
- Für die spätere Besteuerung auf das Wohnförderkonto sollte im Vorfeld ein Polster aufgebaut werden.
- Eine förderschädliche Situation bei Aufgabe der Immobilie lässt sich durchaus vermeiden.
Was ist Wohnriester?
Seit 2008 kann Riester zur Finanzierung der eigenen Immobilie eingesetzt werden. Davon abgeleitet hat sich der Begriff „Wohnriester“ etabliert. Bei Wohnriester dient die Riester-Förderung dazu, selbst genutzte Wohnungen oder Häuser zu finanzieren oder zu entschulden. Die Riester-Rente wird verwendet, um im Alter mietfrei wohnen zu können. Die Förderung beim Wohnriester unterscheidet sich nicht von der anderer Riester-Verträge.
Die Entwicklung von Wohnriester
Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Wohnriester-Verträge seit Einführung dieser Möglichkeit der privaten Altersvorsorge. Auch wenn die Zahlen im Bereich Versicherungen und Investmentsparen deutlich höher ausfallen, zeigt eine Betrachtung auf die Entwicklung, dass die Vertragszahlen bei Wohnriester prozentual von Jahr zu Jahr deutlicher wachsen:
Entwicklung der Riester-Verträge (Bestand in Tsd.) | |||||
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Produkte/ Stand Ende | Versicherungsverträge | Banksparverträge | Investmentfondsverträge | Wohnriester/ Eigenheimrente | Gesamt |
2008 | 9.285 | 554 | 2.386 | 22 | 12.248 |
2009 | 9.995 | 634 | 2.629 | 197 | 13.454 |
2010 | 10.484 | 703 | 2.815 | 460 | 14.462 |
2011 | 10.998 | 750 | 2.953 | 724 | 15.426 |
2012 | 11.023 | 781 | 2.989 | 953 | 15.746 |
2013 | 11.013 | 805 | 3.027 | 1.154 | 16.000 |
2014 | 11.030 | 814 | 3.071 | 1.377 | 16.293 |
2015 | 10.996 | 804 | 3.125 | 1.564 | 16.489 |
2016 | 10.931 | 774 | 3.174 | 1.691 | 16.570 |
2017 | 10.881 | 726 | 3.233 | 1.767 | 16.607 |
2018 | 10.819 | 676 | 3.288 | 1.810 | 16.592 |
I/2019 | 10.793 | 666 | 3.293 | 1.810 | 16.561 |
Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), Veröffentlichungsdatum 10.07.2019 (1) |
Zwei Optionen zur Nutzung von Wohnriester
Der Gesetzgeber bietet für Wohnriester zwei Durchführungswege an. Einerseits besteht die Möglichkeit, einen zertifizierten Bausparvertrag zu nutzen. Auf der anderen Seite kann der Sparer die jährliche Zulage für die Tilgung seines Darlehens verwenden. Diese Variante erfreut sich deutlich größerer Beliebtheit.
Nutzt der Riester-Sparer die Förderung für einen zertifizierten Bausparvertrag, verkürzen die Zulagen durch die höhere Sparquote natürlich die Ansparzeit. Diese Variante gewinnt bei einer Zwischenfinanzierung an Attraktivität.
Lohnt sich eine Baufinanzierung mit Riester?
Die wenigsten Fragen lassen sich pauschal beantworten, so auch diese. Angenommen, eine vierköpfige Familie möchte eine Immobilie erwerben. Beide Kinder wurden nach 2007 geboren. Ein Elternteil ist voll erwerbstätig und verdient 60.000 Euro im Jahr. Der andere Elternteil arbeitet halbtags und bezieht ein sozialversicherungspflichtiges Brutto von 24.000 Euro im Jahr. Daraus ergibt sich folgende Förderquote:
Die Grundzulage beträgt pro Erwachsenem 175 Euro im Jahr bei voller Einzahlung von vier Prozent des sozialversicherungspflichtigen Vorjahresbruttos und 300 Euro pro Kind, das nach dem 31.12.2007 geboren wurde.
In dem obigen Beispiel müssen die Sparer für 60.000 Euro die Obergrenze von 2.100 Euro und für 24.000 Euro 960 Euro, bereinigt um 350 Förderung, einzahlen. Pro Kind erhalten sie noch einmal 300 Euro, in der Summe 600 Euro.
Daraus ergibt sich:
2.100 Euro + 960 Euro Eigenanteil – 950 Euro Förderung = 2.110 Euro Leistung für eine Gesamtleistung von 3.060 Euro.
Dies entspricht einer Förderquote von 31 Prozent. Ohne Wohnriester müsste die Tilgungsleistung in Höhe von 3.060 Euro vollständig selbst erbracht werden.
Angenommen, die Darlehenshöhe beträgt 300.000 Euro, der Zinssatz ein Prozent, die Tilgungsleistung zwei Prozent. Von den 6.000 Euro Tilgung im Jahr übernimmt der Staat durch Wohnriester 950 Euro, fast 16 Prozent. Potenzielle Eigentumserwerber sollten Wohnriester auf jeden Fall vor Beginn der Finanzierung durchrechnen.
Die Problematik der nachgelagerten Besteuerung
Ein klassischer Riestervertrag baut Vermögen auf, aus dem dann die Rente gezahlt wird. Die Rentenzahlung bietet auch gleichzeitig die Geldquelle, um daraus die anteilige, fällige Einkommensteuer zu bezahlen.
Wohnriester ist anders gelagert. Der Sparer baut kein Vermögen mit anschließender Rentenzahlung auf, sein Guthaben ist die, hoffentlich, bei Renteneintritt entschuldete Immobilie. Für die Besteuerung bedarf es also einer anderen Vorgehensweise.
Die Lösung liegt im sogenannten Wohnförderkonto. Auf diesem fiktiven Konto werden jedes Jahr die staatlich geförderten Zahlungen, maximal 2.100 Euro im Jahr, verbucht. Für das Guthaben gilt eine Verzinsung von zwei Prozent pro Jahr. Mit Erreichen des Rentenalters steht das steuerpflichtige Guthaben als Berechnungsgrundlage der Steuerlast auf dem Konto.
Kritiker merken aber inzwischen an, dass eine Verzinsung von zwei Prozent pro Jahr mit Einführung von Wohnriester im Jahr 2008 noch realistisch gewesen sein mag, zwischenzeitlich aber völlig an der Realität vorbeigeht. Nutzer von Wohnriester würden durch die viel zu hoch angesetzten Zinsen steuerlich dahingehend benachteiligt, dass sie ein Guthaben versteuern müssten, welches im aktuellen Marktumfeld nicht zu erreichen ist.
Einkommensteuer mit Rabatt
Das Guthaben auf dem Wohnförderkonto muss bis zum 85. Lebensjahr versteuert werden. Wer mit 65 Jahren in Rente geht, zahlt folglich jedes Jahr ein Zwanzigstel der ermittelten Steuerschuld. Allerdings räumt der Gesetzgeber auch unter bestimmten Umständen einen Steuernachlass, einen Rabatt, ein.
Entrichtet der Riester-Nutzer mit Eintritt in die Rente die gesamte Steuerschuld in einer Summe, werden ihm 30 Prozent erlassen. Abhängig vom Steuersatz und dem Guthaben auf dem Wohnförderkonto klingt dies im ersten Moment gut, dürfte aber für viele Betroffene nicht zu realisieren sein.
Experten empfehlen, bereits während der Berufstätigkeit ein finanzielles Polster für die Zahlung der Steuer auf das Förderkonto anzulegen. Genau genommen rentiert sich die sofortige Zahlung erst ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen über 33.000 Euro. Für Personen mit einem geringeren Einkommen ist der Stundungseffekt auf die Steuerzahlung attraktiver.
Und wenn ich meine Immobilie wieder verkaufen muss?
So attraktiv die Förderung von Immobilienerwerb durch Riester ausfällt, so ärgerlich kann es werden, wenn die Immobilie wieder verkauft werden muss. Die erhaltene Förderung muss nur bei bestimmten Sachverhalten nicht zurückgezahlt werden.
Grundsätzlich gilt eine zulagenschädliche Verwendung, wenn die Selbstnutzung der Immobilie für eine Dauer von mehr als einem Jahr aufgegeben wird. Ausnahmen bilden nur Tod oder Scheidung.
In diesem Fall wird das Guthaben auf dem Wohnförderkonto im Jahr der Aufgabe der Selbstnutzung vollständig dem zu versteuernden Einkommen zugerechnet und besteuert.
Die Ausnahmen bei einem förderschädlichen Verkauf
Auch bei Wohnriester gilt: Keine Regel ohne Ausnahme. Folgende Ausnahmen gibt es, damit der Förderanspruch nicht verloren geht:
- Reinvestition des Förderguthabens in eine neue, selbst genutzte Immobilie innerhalb eines Jahres vor Aufgabe der Selbstnutzung oder innerhalb von vier Jahren danach.
- Investition in ein Wohnrecht für ein Senioren- oder Pflegewohnheim.
- Bei einem beruflich bedingten Umzug kann eine Vermietung der Immobilie erfolgen. Allerdings muss der Eigentümer bis zum 67. Lebensjahr wieder selbst in die Immobilie eingezogen sein. Die Vermietung oder das Nutzungsrecht für einen Dritten muss vertraglich auf dieses Datum begrenzt sein.
Greift keine dieser Optionen, besteht dennoch eine Möglichkeit, die Besteuerung des Wohnförderkontos zu vermeiden. Der Riester-Sparer muss dann einen Betrag, der dem Guthaben des Wohnförderkontos entspricht, in einen anderen Riester-Vertrag einzahlen.
Quellen und weiterführende Links
(1) Bundesministerium für Arbeit und Soziales – Statistik zur privaten Altersvorsorge (Riester-Rente)