Grundsteuerhebesatz
Wohneigentum zu kaufen, ist eine kostspielige Angelegenheit. Schließlich fallen Kaufkosten, Kreditzinsen, Notargebühren an. Diese Posten mögen zwar nach und nach beglichen werden, doch eine Sachen verfolgt den Eigentümer, solange er die Immobilie besitzt: Die Grundsteuer.
Der Grundsteuerhebesatz wird von jeder Gemeinde individuell festgelegt und ergibt in Multiplikation mit dem Grundsteuermessbetrag die vom Grundstückseigentümer zu entrichtende Grundsteuer. Bei den Gemeinden ist die Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes ein beliebtes Mittel, ihre chronisch klammen Kassen zu füllen. So reicht die Bandbreite der Grundsteuerhebesätze deutscher Gemeinden 2019 von null bis 1.050 Prozent, wie unsere Ausführungen auf dieser Seite zeigen werden.
Berechnung der Grundsteuer
Die Grundsteuer wird von der jeweiligen Gemeinde erhoben und unterscheidet zwischen
- land- und forstwirtschaftlichem Vermögen (Grundsteuer A) sowie
- bebauten und bebaubaren Grundstücken (Grundsteuer B).
Die Grundsteuer berechnet sich aus drei Faktoren:
- Der Einheitswert der Immobilie. Dieser wird vom zuständigen Finanzamt ermittelt. Maßgeblich für die Ermittlung sind der Grund und Boden, die Erträge, die sich auf selbigem erwirtschaften lassen sowie die Sachwerte, die auf dem Grundstück stehen. Das amtliche Feststellungsverfahren ist allerdings reichlich kompliziert und intransparent, sodass es schon häufiger Bestandteil von Gerichtsverfahren war.
- Die Steuermesszahl. Diese richtet sich nach der jeweiligen Grundstücksart und wird dem Einheitswert multipliziert, um den Grundsteuermessbetrag zu ermitteln. So beträgt die Messzahl deutschlandweit für land- und fortstwirtschaftliches Vermögen 6 Promille, für alle anderen Grundstücke – abhängig vom Grundstückstyp und Standort – zwischen 2,6 und 10 Promille. In den neuen Bundesländern liegen die Steuermesszahlen höher als in den alten Bundesländern.
- Der Hebesatz. Während die Steuermesszahl gesetzlich geregelt ist, wird der Grundsteuerhebesatz von den Gemeinden bestimmt und wird zur Ermittlung der Grundsteuer mit dem Steuermessbetrag multipliziert.
Einheitswert x Steuermesszahl = Grundsteuermessbetrag
Grundsteuermessbetrag x Hebesatz = Grundsteuer
Rechenbeispiel: Sie kaufen eine Eigentumswohnung. Das Finanzamt setzt den Einheitswert der Wohnung auf 250.000 Euro fest. Die Steuermesszahl für eine solche Immobilie beträgt 3,5 Promille, der Grundsteuermessbetrag liegt also bei 875 Euro und das deutschlandweit.
Wie viel Grundsteuer Sie letztlich pro Jahr zahlen, hängt nun davon ab, in welcher Stadt bzw. Gemeinde Sie die Immobilie kaufen. Zum Redaktionsschluss lag in Berlin der Grundsteuerhebesatz bei 810 Prozent, d. h., es wurden knapp 7.100 Euro Grundsteuer fällig. Mit 535 Prozent galt in München ein deutlich geringerer Hebesatz, hier wären für die 250.000 Euro-Wohnung nur knapp 4.700 Euro Grundsteuer jährlich fällig geworden.
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Die Lage macht den Preis
Das Rechenbeispiel verdeutlicht, dass der Grundsteuerhebesatz die entscheidende Rolle bei der Höhe der Grundsteuer spielt. Es lassen sich einige Faustregeln feststellen, so etwa dass der Hebesatz in den Städten meist höher ist als auf dem Land. Jedoch sorgt die Tatsache, dass die gut 11.000 deutschen Gemeinden das Recht auf die Bestimmung eines eigenen Hebesatzes haben, für einige kuriose Begebenheiten – z. B., dass der Eigentümer im wenige Kilometer entfernten Nachbarort schon mal 5000 Euro mehr Grundsteuer für sein Haus zahlen muss.
Der durchschnittliche Hebesatz der mehr als 11.000 Gemeinden in Deutschland liegt bei 365 Prozent. Spitzenreiter ist aktuell die nordrhein-westfälische Stadt Witten mit einem Grundsteuerhebesatz von 910 Prozent. Einige Gemeinden verzichten hingegen auf den Hebesatz, wie zum Beispiel Riegenroth in Rheinland-Pfalz oder Südermarsch in Schleswig-Holstein.
Höhere Hebesätze gegen das Haushaltsdefizit
Die deutschen Großstädte liegen bei den Grundsteuer-Hebesätzen 2019 im deutschen Mittelfeld, Wohnen in der Stadt ist dennoch vor allem dank steigender Mieten und Kaufpreise ein teures Vergnügen. Teure Städte haben gar nicht so einen hohen Hebesatz, wie man vielleicht annehmen mag. 2019 ist beispielsweise München mit 535 Prozent dabei und Frankfurt am Main mit 500 Prozent. Die Spitze der Städte mit den höchsten Grundsteuer-Hebesätzen führt stattdessen jemand ganz anderes an: Lautertal (Odenwald) mit 1.050 Prozent.
Aktuelle Grundsteuerhebesätze
Daraus lässt sich ein weiterer Trend erkennen: Wirtschaftlich starke und gesunde Städte können es sich leisten, geringere Grundsteuerhebesätze anzusetzen, während verschuldete Städte und Gemeinden versuchen, über höhere Hebesätze die Steuereinnahmen aufbessern. Schließlich ist die Grundsteuer eine der wenigen Geldquellen, die direkt in die Kassen der Kommunen fließt.
Schlechte Karten für Eigentümer
Eigentümer sind gegen diese Hebesatz-Erhöhungen weitestgehend machtlos. Mehrere Gerichte wiesen Klagen von Hausbesitzern gegen die Anhebung des Grundsteuerhebesatzes ab, diese sei nämlich durch die verfassungsrechtlich garantierte Steuerhoheit der Gemeinden gedeckt, solange sie weder zu einer unverhältnismäßigen Steuerbelastung der Bürger führe noch willkürlich geschehe.
Wo genau die Grenzen für unverhältnismäßig und willkürlich liegen, bleibt freilich offen. Die Grenze offensichtlich überschritten hatte die Stadt Freudenberg im Siegerland, als sie 2014 den Hebesatz von 440 Prozent auf 916 Prozent erhöhen wollte. Nach harscher Kritik begnügte die Gemeinde sich mit 650 Prozent – das zeigt: Alles müssen sich Eigentümer nicht gefallen lassen.
Zehn Kilometer entscheiden über tausende Euro
Dass es mitunter an nur zehn Kilometern liegen kann, ob sie das Dreifache an Grundsteuer zahlen müssen, hingegen schon. Soweit liegen nämlich die rheinland-pfälzischen Gemeinden Dierfeld und Diefenbach auseinander. Deutlich weiter auseinander liegen die jeweiligen Grundsteuerhebesätze. Während zum Redaktionsschluss in Dierfeld mit 900 Prozent der zweithöchste Hebesatz in Deutschland anfiel, lag der Satz einen Katzensprung entfernt in Diefenbach bei gerade einmal 290 Prozent.
An jenen zehn Kilometern Unterschied liegt also, ob der Eigentümer eines Einfamilienhauses, dessen Einheitswert auf 250.000 Euro festgesetzt wurde, 7.564 Euro (Dierfeld) oder 2.437 (Diefenbach) Grundsteuer im Jahr zahlen muss. Auf dem Land lohnt es also, genau auf die Grenzen der Gemeinden zu achten und die jeweiligen Hebesätze zu vergleichen.
Laut Gesetz muss eine Gemeinde keine Grundsteuer verlangen, daher gibt es auch Kommunen mit null Prozent Heebsätzen für die Grundsteuer B. Wer die Grundsteuer komplett umschiffen möchte, dem bleiben nur wenige Möglichkeiten. Einerseits kann der Eigentümer seine Immobilie vermieten und die Grundsteuer auf die Mieter umlegen, sofern es im Mietvertrag vereinbart wird. Sicher etwas unsozial, aber rechtlich zulässig.
Die anderen Möglichkeiten sind mit einem Augenzwinkern zu betrachten und eher theoretischer Natur. Jedoch, die Möglichkeit besteht, auf seinem Grundboden einen Flughafen, eine Talsperre oder einen Friedhof zu beherbergen und damit von der Grundsteuer befreit zu werden.
Die Grundsteuer ist beim Immobilienkauf ein dazugehöriges Übel, das den Eigentümer bis zum Verkauf verfolgt. Gerade die Hebesätze, die die Städte und Gemeinden in den vergangenen Jahren fleißig nach oben geschraubt haben, geraten zunehmend zum Ärgernis.
Da die Grundsteuer auf die Mieter umgelegt werden kann, ärgern sich Eigentümer wie Mieter gleichermaßen über explodierende Hebesätze. Verbraucherschützer und Mieterverbände fordern daher bereits eine Obergrenze ähnlich der Mietpreisbremse, um welchen Prozentsatz der Hebesatz jährlich erhöht werden darf. Solange dürfen die Gemeinden (fast) frei entscheiden, was sie für angemessen halten.
Dass die mehr als 11.000 Gemeinden allesamt die Entscheidungsgewalt über ihren eigenen Grundsteuerhebesatz bestimmen dürfen, führt nicht nur zu eklatanten Unterschieden innerhalb der Bundesrepublik (der höchste Hebesatz liegt zwanzigmal so hoch wie der niedrigste), sondern auch zu kuriosen Szenarien – so etwa, dass sich im Nachbardorf 5.000 Euro Grundsteuer jährlich sparen lassen. Eigentümer sollten in jedem Fall die aktuellen Entwicklungen stets im Blick behalten.
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Veröffentlicht: April 2016