White Label Banking – was ist das?
Für den Vertrieb vieler Finanzprodukte vom Girokonto über Kredite bis hin zu Brokerage-Lösungen bedarf es einer Banklizenz, die jungen Unternehmen meist fehlt. Beim White Label Banking nutzt das Startup die Banklizenz eines zugelassenen Kreditinstituts. Dieses liefert die im Hintergrund ablaufenden Bankprozesse sowie erforderliche Schnittstellen und das Startup kann sich auf die Vermarktung seiner Geschäftsidee konzentrieren.
White Label Banking findet sich in erster Linie im Kreditgeschäft. Der Kreditbereich ist der älteste Bereich im Bankwesen, die Wurzeln reichen bis in das Jahr 3.000 vor Christus in Mesopotamien zurück. Bei der Kreditvergabe im White Label Banking muss zwischen zwei Vorgehensweisen unterschieden werden.
- Von White Label Banking ist die Rede, wenn Unternehmen mit Banklizenz Finanzdienstleistungen für Firmen ohne Banklizenz zur Vefügung stellen uund erbringen. So können diese Firmen gegenüber ihren Kunden wie eine Bank funktionieren und Finanzdienstleistungen in vollem Umfang anbieten.
- Banklizenzen werden in Deutschland nur von der Bafin, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, nach aufwendiger Prüfung vergeben.
- Es entstehen keine Nachteile für den Kunden.
- Auch in unserem Kreditvergleich finden sich Anbieter mit White Label-Lösungen.
Innovative Kredit-Ideen ohne Banklizenz
Unterstellen wir einmal, dass ein Start-up oder ein Portalbetreiber eine brillante Idee zum Thema Ratenkredit hat, aber diese nicht umsetzen kann, weil ihm die notwendige Lizenz fehlt. Wie aufwendig der Erhalt dieser Lizenz ist, geht aus den Vorgaben der Bafin hervor [1].
Diese Situation verlangt förmlich nach der Nutzung von White Label Banking. Das Start-up sucht sich eine Bank, die auf diesen Geschäftsbereich spezialisiert ist. Die Bank stellt die komplette Technologie für den Online-Auftritt des Anbieters zur Verfügung und vergibt letztendlich auch den Kredit.
Bei einem solchen Ratenkreditportal nimmt der Kunde seine Berechnung vor und beantragt den Kredit über das Portal. Dieses ist sein Ansprechpartner ohne den Kredit selbst zu vergeben. Auf der Seite selbst, im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Informationen, findet sich der Hinweis, wer in diesem Fall der eigentliche Kreditgeber ist. Der Portalbetreiber erhält für den vermittelten Kredit eine Provision. Am Beispiel von Privatkredit.de sieht die Startseite dann wie folgt aus:
Bei diesem Projekt ist der Darlehensgeber die SKG BANK, die mitsamt Test auch in unserem Privatkredit-Vergleich zu finden ist.
Einige Banken haben sich darauf spezialisiert, diese Vorgehensweise auch auf andere Bereiche zu übertragen.
Das Portal „Heimatinvest“ bietet Bürgern die Möglichkeit, Kommunen direkt Geld ab einer Summe von 5.000 Euro zu leihen. Diese „Bürgerdarlehen“ verlangen ebenfalls eine Bank für die Abwicklung, da es sich nicht um Wertpapiere, die ehemaligen Kommunalobligationen, handelt, sondern um einen Kredit [2]. Auch in diesem Fall ist eine Bank gefordert, die im Hintergrund die „Fäden zieht“ und faktisch als Mittler zwischen Bürger und Kommune auftritt.
White Label Banking greift immer dann, wenn für die Abwicklung von Geschäften eine Vollbanklizenz benötigt wird, der Initiator aber nicht darüber verfügt. Die darauf spezialisierten Banken bieten ihren Kunden, den Initiatoren, den gesamten Workflow von der Produktgestaltung über die notwendige IT-Infrastruktur bis hin zur Abwicklung der Geschäfte.
Roboadvice – ein weiteres Marktsegment
Unter Roboadvice verstehen wir die Anlageberatung auf der Grundlage von Algorithmen. Computerprogramme analysieren, zurzeit noch auf ETFs beschränkt, die Märkte und stellen den Kunden automatisiert Anlagevorschläge zusammen. Betreiber dieser Robo-Advisor sind FinTechs, die zwar über das notwendige technische Know-how verfügen, aber nicht über die Banklizenz, um die über sie erworbenen Wertpapiere auch verwahren und verwalten zu dürfen.
Analog zum Kreditgeschäft gibt es auch hier Banken, welche den gesamten Prozess des Wertpapierankaufs, der Verwaltung und des Verkaufs, für ihre Kunden, die FinTechs, übernehmen. Der Endverbraucher hat es nur mit dem den Robo-Advisor anbietenden FinTech zu tun. Einen Überblick über Robo-Advisor Plattformen in Deutschland und deren Performance bietet der Echtgeld-Test unseres Schwesterportals Brokervergleich.de
White Label Banking – warum immer mehr Banken darauf zurückgreifen
Nicht nur FinTechs und Start-ups nutzen das Angebot von White Label Banking. Kreditinstitute selbst greifen darauf zurück. Warum? Bei der Kreditvergabe, gleich ob Ratenkredit oder Baufinanzierung, handelt es sich um einen Geschäftsprozess, der zunächst den Einsatz von Personal und damit Kosten bedeutet.
Der Kreditvergabeprozess, gerade bei Baufinanzierungen, fällt durch die Prüfung der Sicherheiten und der Überwachung der für die Finanzierung notwendigen Unterlagen recht personalintensiv aus.
Das Kreditgeschäft zahlt demgegenüber nur langfristig in die Erträge einer Bank ein, der gesamte Ertrag aus einem Darlehen ist erst mit der letzten Rate verdient. Das Verbot der Kreditabschlussgebühr ließ auch einen winzigen sofortigen Ertrag aus einem Darlehen für die Banken hinfällig werden.
Kurzfristige Erträge attraktiver
In den Chefetagen einiger Geldhäuser liegt der Fokus immer stärker auf den kurzfristigen Erträgen, Provisionen aus Wertpapiergeschäften oder dem Vertrieb von Versicherungen. Sowohl Fonds, ETFs, Zertifikate oder Versicherungsprodukte werden von Drittanbietern bereitgestellt. Der Verkauf setzt im Vergleich zur eigenen Produktgestaltung nur ein Minimum an Personalkosten voraus. Dies gilt auch für Kredite.
Vor diesem Hintergrund ist es einleuchtend, dass die eine oder andere Bank keine eigenen Darlehn mehr begibt, sondern auch auf Drittanbieter ausweicht. Während die Deutsche Bank PGK AG noch ihre „eigene“ Baufinanzierung anbietet, greift der Mitbewerber Commerzbank AG als Kreditvermittler auf einen Pool von rund 200 Anbietern für Baufinanzierungen zurück.
Der Beratungsaufwand im Kundengespräch ist für den Bankmitarbeiter der gleiche, der gesamte Verwaltungsapparat für das Baudarlehen entfällt jedoch bei der Commerzbank. Diese erhält die Vermittlungsprovision und freut sich über kurzfristig generierte Erträge ohne, dass sie langfristige Kosten für die Darlehensverwaltung tragen muss.
Nach dem gleichen Muster operiert auch die 1822direkt, die Online-Tochter der Frankfurter Sparkasse. Neben Baufinanzierungen werden auch die Konsumkredite von externen Anbietern zur Verfügung gestellt und verwaltet. Der Trend geht im Kreditgeschäft zum Outsourcing – dem White Label Banking.
Fazit
White Label Banking hat sich zu einer Dienstleistung entwickelt, die neben dem Bereitstellen der notwendigen Ressourcen für Nicht-Banken auch das Produktangebot selbst für Kreditinstitute bedeutet, die in bestimmten Geschäftsfeldern nur noch als Makler auftreten wollen.
Weiterführende Informationen
Quellen
[1] Voraussetzungen für den Erhalt einer Banklizenz
[2] Bürgerdarlehen – machbar durch White Label Banking