Zur richtigen Baufinanzierung in sechs Schritten
Eine gute Finanzierungplanung erspart tausende Euro
70.000 Euro Zinsunterschied bei einem Darlehen über 450.000 Euro und einer Zinsbindung von 15 Jahren brachte der Test der Stiftung Warentest im März 2019 zu Tage. Die Zinskosten der teuersten Bank waren doppelt so hoch wie die des günstigsten Anbieters. Bei einer Baufinanzierung kommt es aber nicht nur auf die Zinsen an. Eine gründliche Planung im Vorfeld hilft ebenfalls, die Kosten zu senken. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten müssen.
- Stiftung Warentest sieht trotz identischer Finanzierungseckdaten enormes Einsparpotenzial bei unterschiedlichen Baufinanzierern
- Genaue Kalkulation und Finanzierungsplanung im Vorfeld können die Zinslast um tausende Euro senken
- Baufinanzierungsrechner mit Filterfunktion optimieren die Kalkulation schon im Vorfeld
- Flexible Tilgung bei langfristigen Zinsbindungen dringend empfohlen
Wie vorgehen bei der Baufinanzierung?
Um die Baufinanzierung optimal zu planen und Geld zu sparen, sollten ein paar Dinge beachtet werden. Die Infografik zeigt, welche Schritte dabei gegangen werden sollten. Im Anschluss erläutern wir die einzelnen Steps genauer, damit Sie bei der Planung Ihrer Baufinanzierung richtig vorgehen.
Kreditsumme festlegen
Zunächst einmal sollte die genaue Kreditsumme definiert werden. Bei Erwerb einer Bestandsimmobilie fällt dies natürlich leichter, als bei einem Neubau. Dennoch gilt, dass eine Nachfinanzierung häufig schwierig wird und ein zu hoher Kreditbetrag zu Diskussionen mit der Bank bezüglich kostenfreier Stornierung führt.
Je niedriger der benötigte Kreditbetrag ausfällt, umso niedrigere Zinsen muss der Erwerber in zweifacher Hinsicht bezahlen.
Die monatliche Zinslast ermittelt sich nicht nur aus der Darlehenshöhe, sondern auch aus dem Beleihungsauslauf des Darlehens. Je niedriger die Quote von Darlehen und Beleihungswert ausfällt, umso günstiger wird der Zins. Die finanzierenden Institute unterscheiden i.d.R. fünf Stufen:
- Bis 40 Prozent
- Bis 60 Prozent
- Bis 80 Prozent
- Bis 100 Prozent
- In Ausnahmefällen über 100 Prozent
Was viele Erwerber nicht wissen: Es gibt Wege, das Eigenkapital künstlich zu erhöhen. Darlehen von Verwandten stellen eine Möglichkeit dar. Aber auch Arbeitgeberdarlehen werden dem Eigenkapital zugerechnet. Allerdings sollte der Darlehensvertrag von einem Steuerberater aufgesetzt werden, damit das Darlehen steuerrechtlich nicht als Lohnsonderzahlung betrachtet wird.
Bei der Ermittlung des Eigenkapitals und der Kreditsumme dürfen die Erwerbsnebenkosten nicht vergessen gehen. Diese können, je nach Bundesland, bis zu 15 Prozent des Kaufpreises betragen. Zu den Erwerbsnebenkosten zählen
- Grunderwerbssteuer
- Maklercourtage
- Notar- und Gerichtskosten
Angenommen, der Kaufpreis für eine Bestandsimmobilie beträgt 400.000 Euro, die Erwerbsnebenkosten 48.000 Euro und es sind Eigenmittel in Höhe von 100.000 Euro vorhanden. Die Darlehenssumme beträgt in diesem Fall 348.000, was einem Beleihungsauslauf von 87 Prozent entspricht. Da in diesem Bereich recht hohe Zinsen anfallen, wäre die Einbindung von Verwandtendarlehen und Arbeitgeberdarlehen empfehlenswert.
Zinsen richtig vergleichen
Natürlich liegt das Hauptaugenmerk der Immobilienerwerber auf den Zinsen. Allerdings ist der sogenannte „gebundene Sollzins“ wenig aussagekräftig. Der Gesetzgeber verlangt nicht umsonst auf der Grundlage der Preisangabenverordnung den Ausweis des effektiven Jahreszinses.
Dieser Zinssatz berücksichtigt alle direkten und indirekten Kosten, die mit dem Darlehen einhergehen. Dazu zählen beispielsweise eine Darlehensvermittlungsgebühr oder als indirekte Kosten die Modalitäten der Tilgungsverrechnung. Findet diese nur einmal am Ende des Jahres statt, zahlt der Darlehensnehmer von Januar bis Dezember Zinsen auf den Darlehensstand vom Januar, trotz laufender Tilgungsleistung. Günstiger wird das Darlehen, wenn die Tilgungsverrechnung halbjährlich erfolgt.
Niedrige Zinsen langfristig sichern
Zinsbindungen mit einer Dauer von fünf Jahren sind preiswerter als eine Zinsfestschreibung für 25 Jahre – das ist unstrittig. Dennoch sollten Erwerber in Zeiten niedriger Zinsen das Risiko eines Zinsanstiegs weitestgehend ausklammern, insbesondere in den frühen Jahren der Finanzierung. Gerade in den ersten Jahren fällt der Tilgungsanteil innerhalb der Rate sehr gering aus. Es kann folglich bei einer kurzen Zinsbindung und einem Zinsanstieg dazu kommen, dass die Rate der neuen Zinsfestschreibungsdauer höher ausfällt, als bei der ersten Festschreibungsphase. Bei einer eng kalkulierten Finanzierung ist die Anschlussfinanzierung im schlimmsten Fall nicht mehr tragbar.
Die Empfehlung für Finanzierungen in einer Niedrigzinsphase lautet ganz klar, eine möglichst lange Festschreibung bei maximal möglichem Tilgungssatz zu vereinbaren.
Die beiden einzigen Möglichkeiten, das Zinsrisko vollständig zu eliminieren, bieten Volltilgerdarlehen und Bausparfinanzierungen. Volltilgerdarlehen haben allerdings den Nachteil, dass auch bei einer Laufzeit von 25 Jahren recht hohe monatliche Belastungen anfallen. Bausparfinanzierungen hingegen bergen die Unwägbarkeit der finalen Zuteilung des Bauspardarlehens.
Kreditrate bestimmen
Eigenkapital, Kaufpreis und Zinsen bestimmen letztendlich, wie viel Immobilie am Ende finanzierbar ist. Mit Hilfe eines Kreditvergleichsrechners lässt sich über die Dauer der Zinsbindung ein wenig spielen, wenn der Erwerb der Traumimmobilie knapp werden könnte. Dabei gilt, das Zinsrisiko bei kurzer Laufzeit nicht aus den Augen zu lassen. Die Höhe des anfänglichen Tilgungssatzes kann ebenfalls so angepasst werden, dass zuletzt die monatliche Rate passt. Der Tilgung kommt, auf die gesamte Darlehensdauer gesehen, ebenfalls eine Schlüsselrolle zu.
Flexible Tilgung vereinbaren
Eine Baufinanzierung kann den Erwerber einen großen Teil seines Lebens begleiten. Laufzeiten von 30 Jahren sind keine Seltenheit. Niemand kann für einen solchen Zeitraum vorhersagen, wie sich die persönliche wirtschaftliche Situation entwickeln wird. Sonderzahlungen, Gehaltserhöhungen oder Erbschaften können, wenn der Darlehnsvertrag richtig ausgehandelt wurde, die Finanzierung erheblich erleichtern.
Die meisten Darlehensgeber sehen inzwischen vor, dass Kreditnehmer einen festen Prozentsatz der Restschuld einmal im Jahr ohne Vorfälligkeitsentschädigung tilgen dürfen. An dieser Stelle kommen beispielsweise Gehaltssonderzahlungen ins Spiel.
Noch attraktiver sind aber die Kreditverträge, die es zulassen, dass der Tilgungssatz selbst während der Laufzeit je nach Bedarf angepasst werden kann. Bei einer Gehaltserhöhung wäre eine Erhöhung der Tilgung sinnvoll, bei Kurzarbeit eine Senkung.
Sondertilgungen führen zu einer Reduzierung der Restschuld und bei gleichbleibendem Tilgungssatz zu einer schnelleren Rückzahlung des Darlehens und damit zwangsläufig zu einer erheblichen Zinseinsparung.
Vor dem Hintergrund der Sondertilgung sollten allerdings staatliche Förderungen, wie das Baukindergeld, nicht dafür genutzt werden, ein eigentlich zu hohes Darlehen aufzunehmen in der Hoffnung, dass schon alles „irgendwie passt“. Sinnvoller ist es, ein Darlehen zu nutzen, welches auch ohne diese Förderungen finanzierbar ist und dafür in den ersten zehn Jahren mit den staatlichen Mitteln Sondertilgungen zu leisten.
Eine flexible Tilgung weist noch einen anderen Vorteil auf. Soll oder muss die Immobilie während der Zinsbindungsdauer verkauft werden, fällt die Vorfälligkeitsentschädigung deutlich niedriger aus als bei starrer Tilgung. Der Grund liegt darin, dass die Bank bei der Berechnung die hypothetisch noch leistbaren Sondertilgungen mit einbeziehen muss, die abzulösende Restschuld sinkt also in der Theorie.
Angebote vergleichen
Auch wenn jeder Baufinanzierer von sich behauptet, die ultimativen Konditionen zu bieten, kommt ein Darlehensinteressent nicht an einem Finanzierungsvergleich vorbei. Zu unterschiedlich sind letztendlich die Anforderungen an die perfekt passende Baufinanzierung. Ein Baufinanzierungsvergleich mit zahlreichen Filterfunktionen leistet schon im Vorfeld die notwendige Arbeit, um das optimale Darlehen zu finden und Kosten zu sparen.
Neben den Kreditvermittlern, die eigentlich mit teilweise mehr als 200 Partnerinstituten aus dem Vollen schöpfen, sollten Erwerber aber auch die Angebote regionaler Anbieter einholen. Diese sind in den Pools der Vermittler häufig nicht vertreten.
Zuletzt sind eventuell noch Verhandlungen über die eine oder andere Kleinigkeit notwendig, um das Vertragswerk mit dem Wunschpartner „rund“ zu bekommen.
Quellen und weiterführende Links
- Finanztest 4/2019, S. 58-61